Vergasereinstellung
Grundsätzlich sollte für eine Anpassung der Vergasereinstellung sichergestellt sein, dass die Zündung einwandfrei funktioniert und der Einlass und der Auslass luftdicht sind. Zusätzlich sollten Luftfilter und Auspuff in einem guten Zustand sein, die Ventile dicht und das Ventilspiel korrekt eingestellt. Außerdem muss die Tankentlüftung frei sein und der Benzinhahn und ggf. der Benzinfilter einen ausreichenden Durchfluss gewährleisten. Es ist sinnvoll, eine neue Zündkerze zu verwenden. Die meisten Symptome, die uns veranlassen können, eine Anpassung der Vergasereinstellung vorzunehmen, können auch Ursachen haben, die nicht im Vergaser liegen. So wird z.B. ein undichter Auspuff das sog. Auspuffpatchen verursachen oder eine defekte Zündung dafür sorgen, dass der Motor im Leerlauf abstirbt.
Je nach Ausstattung des Vergasers sind verschiedene Komponenten für die Abstimmung ausschlaggebend. Die meisten Vergaser verfügen über ein Leerlaufsystem, einen Schieber mit Düsennadel, Nadeldüse sowie eine Hauptdüse und verwenden eine Schwimmerkammer, in der ein Schwimmer den Benzinstand regelt. Diese Anleitung behandelt schwerpunktmäßig die vorgenannten Komponenten, Andere, wie z.B. Beschleunigerpumpe, Membranen, usw., werden lediglich am Rande erwähnt. Oft wird bei einer Umbedüsung des Vergasers nur die Hauptdüse gewechselt. Doch die Wirkungssysteme eines Vergasers sind wesentlich differenzierter zu betrachten, will man eine gute Abstimmung erreichen. Die einzelnen Wirkungssysteme lassen sich sehr gut anhand der Abbildung erläutern.
Das Leerlaufsystem besteht hauptsächlich aus Schwimmerstand, Leerlaufdüse und Leerlaufgemisch-Regulierschraube. Doch auch die Luftdüse beeinflusst dieses System. Diese kann bei Abstimmungsarbeiten jedoch vernachlässigt werden. Wenn Sie das Gemisch des Leerlaufsystems (bis 1/4 Last wirksam!) verändern wollen, ändern Sie zunächst die Einstellung der Leerlaufgemisch-Regulierschraube.
Achtung: Je nach Vergasertyp ändern Sie den Luft- oder den Kraftstoffdurchsatz. Reicht der Verstellbereich der Leerlaufgemisch-Regulierschraube nicht aus, so wechseln Sie die Leerlaufdüse.
Der Gasschieber beeinflusst durch die unterschiedliche Höhe seiner Kanten (vorne / hinten) die einströmende Luftmenge und den Übergang vom Leerlaufsystem zum Teillastbereich.
Die Nadeldüse (auch Düsenstock oder Emulsions-Rohr genannt) und die Düsennadel regeln die Gemischzusammensetzung im Teillastbereich. Die Düsennadel wird von einem Clip in Position gehalten. Dieser Clip sitzt in einer Nut. Je nach Ausführung hat die Düsennadel 3-6 Nuten. Die oberste Nut (am dicken Ende) wird als Nut Nummer 1, die unterste Nut z.B. als Nummer 5 bezeichnet. Soll das Gemisch abgemagert werden, setzt man den Clip in eine höhere Nut (z.B. von Nut 3 auf Nut 2 oder 1).
Die Hauptdüse setzt, je nach Beschaffenheit von Düsennadel und Düsenstock, frühestens ab 3/5-Schieberöffnung ein.
Abhängigkeit der einzelnen Abstimmungskomponenten im Verhältnis zur Gasschieberstellung
Um eine maximale Leistungsausbeute und ein exaktes Ansprechverhalten zu realisieren, muss man die einzelnen Lastbereiche des Motors unterschiedlich abstimmen. Um die Gemischzusammensetzung zu definieren, wurde die Luftzahl Lambda eingeführt. Ottomotoren werden im Bereich eines stöchimetrischen Mischungsverhältnisses (Lambda = 1) betrieben. Das Mischungsverhältnis beträgt dort 14,5 Teile Luft zu einem Teil Kraftstoff.
Bei Luftmangel (Lambda < 1) steigen die Ruß-, CO-und HC-Emissionen. Der Motor gibt sein maximales Drehmoment bei ungefähr Lambda = 0,9 ab, deshalb wird bei Volllast üblicherweise diese Einstellung gewählt. Bei luftgekühlten Motoren wird Lambda oft noch kleiner gewählt, um eine maximale Innenkühlung und damit maximale Haltbarkeit bei geringfügigem Leistungsverlust zu erreichen. Für günstigsten Kraftstoffverbrauch stellt man Lambda=1,1 ein. Diese Einstellung gilt aber nur für den Teillastbereich! Dort erreicht man mit dieser Einstellung auch das beste - das exakteste - Ansprechverhalten. Im Leerlauf werden Luftzahlen von Lambda = 0,9 bis 1,05 gewählt.
Im Schiebebetrieb muss die Verbrennung häufig durch Anfetten (Lambda = 0,9) wegen zu hohen Saugrohrunterdrucks (im Ansaugkanal) sichergestellt werden. Ist das Gemisch im Schiebebetrieb zu mager, knallt und sprotzt es beim Austritt aus dem Endschalldämpfer (= "Auspuffpatschen"). Meist enthalten die Abgase noch unverbrannte Benzindämpfe, jedoch keinen Sauerstoff. Ist das Gemisch (z.B. im Schiebebetrieb) zu mager, bleibt zusätzlich zu den Benzindämpfen noch Sauerstoff unverbrannt im Abgas. Es kommt dann am heißen Auspuff zu Verpuffungen, dem sog. Auspuffpatschen.
Vergasereinstellung in vier Schritten:
Die Vergasereinstellung sollte bei dem Leerlaufsystem und den unteren Drehzahlenbereichen begonnen werden, da diese Einstellungen für das Anspringverhalten und die Warmfahrphase des Motors entscheidend sind. Erst wenn diese Einstellungen zumindest zufriedenstellend sind, sollten die höheren Drehzahlenbereiche abgestimmt werden, da hierfür ein warmer Motor Voraussetzung ist.
Wichtig: Für die Abstimmungsarbeiten sollte, soweit möglich, zunächst die Beschleunigerpumpe deaktiviert werden, weil es sein kann, dass die Pumpe eine Abstimmung erschwert.
Der Schwimmerstand sollte vor jeder Einstellarbeit geprüft und ggf. korrekt eingestellt werden.
Es ist sehr wichtig, immer nur eine Komponente zu ändern, und die Änderung dann sofort zu testen. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass die Änderung auch den gewünschten Effekt hatte. Zusätzlich sollte in kleinen Schritten vorgegangen werden, um die ideale Einstellung auch wirklich zu treffen. Es ist sinnvoll, die Änderungen zu protokollieren. Schritt 1: Leerlauf und unterer Lastbereich
Die Einstellung der Leerlauf-Luft-Regulierschraube bzw. Leerlauf-Benzin-Regulierschraube (modellabhängig, entweder wird die Luft- oder Benzinmenge eingestellt) wird folgendermaßen vorgenommen:
Im betriebswarmen Zustand die Leerlaufregulierschraube bis zum Anschlag eindrehen (Achtung: nicht zu fest, Spitze kann abbrechen) und dann so weit herausdrehen, bis der Motor die höchstmögliche Leerlaufdrehzahl erreicht hat. Von diesem Punkt aus die Regulierschraube eine Viertel-Umdrehung in Richtung fett drehen. Erreicht man mit der Regulierschraube keine Drehzahländerung (ca. 50-100 U/min), so ist die Leerlaufdüse falsch gewählt.
Läuft der Motor im Leerlauf unruhig und schwankt er zwischen plötzlichem Abfall und darauf folgendem Anstieg, so ist das Leerlaufsystem zu fett eingestellt. Bringt das Einstellen der Leerlaufregulierschraube (in 1/2 Umdrehungs-Schritten) in Richtung mager keine Besserung, ist die Größe der Leerlaufdüse nicht korrekt.
Hängt die Drehzahl nach einem kurzen Gasstoß deutlich über Leerlaufdrehzahl fest und sinkt erst verzögert auf die Leerlaufdrehzahl von maximal 1000 U/min zurück, so ist das Leerlaufsystem zu mager eingestellt. Achtung: in der Praxis verursachen meist undichte Ansaugsysteme diesen Fehler (z.B. ein undichter Ansaugstutzen).
Tipp: Die Dichtigkeit des Systems kann durch vorsichtiges (Brandgefahr!) Besprühen des Ansaugsystems mit Bremsenreiniger getestet werden. Erhöht sich hierbei die Drehzahl, liegt eine Undichtigkeit vor. Nach diesem Test alle Gummiteile mit Kunststoffpflege vor dem Austrocknen schützen sowie blanke Aluteile reinigen.
Ein weiterer Test ist die Kontrolle im zweiten Gang bei ca. 3000 U/min, hier sollte bei wenig geöffnetem Gashahn möglichst ruckelfreier Lauf erreicht werden.
Die Einstellung der Regulierschraube, die Schwimmerhöhe und die Leerlaufdüse sind die wichtigsten Komponenten im Bereich Schiebe- und Lastbetrieb im Wechsel bis 4000 U/min. Mit einer größeren Leerlaufdüse kann ein eventuelles Auspuffpatschen (hart, trocken) beim Übergang vom Last- in den Schiebebetrieb ausgeglichen werden. Die optimale Größe der Leerlaufdüse wird jedoch meist durch die korrekte Einstellung der Leerlaufregulierschraube gefunden.
Probleme im unteren Lastbereich und erhöhter Benzinverbrauch können auch von verschlissenen Düsennadeln und Nadeldüsen verursacht werden. Diese Teile sollten mit großer Sorgfalt geprüft werden.
Auch im Bereich hoher Drehzahlen und wenig geöffnetem Gashahn ist die Einstellung der Leerlaufregulierschraube und die Größe der Leerlaufdüse relevant. Ist die Einstellung des Leerlaufsystems zu fett, verstärken sich die Probleme mit steigender Motortemperatur. Ist die Einstellung des Leerlaufsystems zu mager, verringern sich die Probleme mit steigender Motortemperatur. Beobachtet werden kann dieses Phänomen z.B. bei Konstantfahrt mit leicht geöffnetem Gashahn.
Aufgrund des hohen Unterdrucks im Saugrohr des Vergasers im Schiebebetrieb (Schieber ist geschlossen, Motor dreht jedoch noch höher als Leerlaufdrehzahl), magert das Gemisch ab. Um dieses Phänomen auszugleichen, verfügen viele Vergaser über eine unterdruckgesteuerte Gemischanreicherung. Kommt es im Schiebebetrieb zum Auspuffpatschen, sollte die Membran der Gemischanreicherung (AirCut-Ventil) überprüft werden. Ist diese Membran defekt, kann die Gemischanreicherung nicht korrekt funktionieren.
Schritt 2: Volllastbereich (3/4 Lastbereich - 4/4 Lastbereich [roter Bereich])Ziel: Optimale Hauptdüse herausfinden, bevor mit dem nächsten Schritt begonnen werden kann.
Um die größtmögliche Top-Leistung zu erreichen, wählt man die Hauptdüse, mit der die maximale Endgeschwindigkeit erreicht wird bzw. die beste Beschleunigung im Bereich über 3/4 Last erreicht.
- wenn das Motorrad im kalten Zustand bei hohen Drehzahlen besser beschleunigt als im warmen Zustand, ist die Hauptdüse zu groß. Die Hauptdüse schrittweise verkleinern und den Test wiederholen (Maschine auch tatsächlich abkühlen lassen).
- wenn das Motorrad im kalten Zustand bei hohen Drehzahlen nicht gut beschleunigt/läuft und auch mit zunehmender Motortemperatur kaum Besserung eintritt, ist die Hauptdüse zu klein!
Achtung: Gefahr von Motorschäden durch Überhitzung. Die Hauptdüse sollte zuerst über einen Zeitraum von max. 30 Sekunden Volllast getestet werden. Ist ein zu starkes Abmagern des Motors ausgeschlossen, kann der Test über einen Zeitraum von 10-15 Minuten bei hoher Beanspruchung erfolgen. Den anderen Lastbereichen (< 3/4 Last) sollte während dieser Phase keine Bedeutung zukommen.
Mit dem nächsten Schritt kann sinnvollerweise erst dann begonnen werden, wenn die optimale Hauptdüse ermittelt wurde. Anderenfalls wird die gesamte noch folgende Abstimmungsarbeit verfälscht.
Schritt 3: Teillastbereich (1/4 - 3/4 Lastbereich)Um in diesem Lastbereich optimale Leistung, Beschleunigung und Ansprechverhalten zu erreichen, ist die korrekte Wahl der Hauptdüse unerlässlich. Wird in diesem Stadium mit einer falschen Hauptdüse die Position der Düsennadel verändert, ist eine gute Balance zwischen Leistung und Ansprechverhalten nicht zu erreichen. Ist die Hauptdüse korrekt gewählt, geht es folgendermaßen weiter:
- wenn das Motorrad beim Gasaufreißen (Start bei unter 3000 U/min) im kalten Zustand gut beschleunigt und ohne viel Ruckeln Gas annimmt, im betriebswarmen Zustand jedoch schlechter läuft, ist der Teillastbereich zu fett. Die Düsennadel sollte eine Position tiefer gehängt werden (z.B. von Nut 3 auf 2, siehe hierzu den vierten Absatz).
- wenn das Motorrad im warmen Zustand besser läuft, aber im 3/4 Lastbereich noch nicht zufriedenstellend läuft, sollte die Düsennadel eine Position höher gehängt werden, um den Übergang Düsennadel zu Hauptdüse zu verbessern.
- läuft das Motorrad im 3/4 Lastbereich sowohl im kalten als auch im warmen Zustand zufriedenstellend, kann man von einer korrekten Position der Düsennadel ausgehen.
Schritt 4: FeinabstimmungErst wenn nach diesen vier Schritten der Vergaser eine korrekte Grundabstimmung hat, sollte mit der Einstellung einer ggf. vorhandenen Beschleunigerpumpe (z.B. Mikuni TM-Serie) experimentiert werden. Eingestellt werden kann hier meist der Start-Zeitpunkt und die Länge des Einspritzvorgangs. Ziel dieser Einstellung ist es, das Ansprechverhalten und die Beschleunigung zu verbessern. Es sollte darauf geachtet werden, dass das Motorrad möglichst prompt auf Veränderungen der Gasgriffstellung reagiert und ohne "Löcher" und Ruckeln beschleunigt.
Modellspezifische Besonderheiten
Alle Modelle mit unterdruckgesteuerten Anreicherungs-SystemBei Auspuffpatschen und zu niedriger Höchstgeschwindigkeit sollte die Membran des Anreicherungs-System geprüft werden. Falls Auspuff und Luftfilter in gutem Zustand und die Ventile dicht sind, kann diese Membran für diese Symptome verantwortlich sein.
SR500 bis Baujahr 1989 mit orig. RundschiebervergaserSpringt der Motor im kalten Zustand besonders gut an (evtl. auch ohne Choke), hat er zunächst ein guten und runden Leerlauf, der dann jedoch unrund wird, wenn der Motor warm ist, und stirbt der Motor im warmen Zustand manchmal ab, kann die Membran des Sicherheitsventils der Beschleunigerpumpe defekt sein (dreieckige Membran unterhalb der Schwimmerkammer).
SR500 ab Baujahr 1990 mit orig. FlachschiebervergaserOft bilden sich am oberen Ende des Plastik-Deckels auf der rechten Seite des Vergasers feine Haarrisse. Das führt dazu, dass der Deckel nicht mehr Luftdicht abschliessen kann. Is das der Fall können viele verschiedene Symptome entstehen, so dass es leider nicht möglich ist, eine klare Diagnose zu stellen. Trotzdem ist dieser Deckel extrem wichtig für die korrekte Funktion des Vergasers und sollte sorgfältig kontrolliert werden, falls Symptome auftreten, die auf einen Vergaser-Defekt hinweisen.
XTZ750, TDM850 und TRX850 mit orig. FlachschiebervergaserAufgrund der "liegenden" Einbauposition der Vergaser schleifen die Düsennadeln relativ stark an den Nadeldüsen. Dadurch kommt es oft zu frühem Verschleiss. Erhöhter Benzinverbrauch und unrunder Leerlauf sind dann die Folge.